08/23 [Bergbau] Halde Rungenberg Schon von weitem sichtbar, im Norden der Stadt Gelsenkirchen, liegt eine der markantesten Landmarken im gesamten Ruhrgebiet: die Halde Rungenberg. Über weit geschwungene Wege geht es hinauf auf 115 Meter über dem Meeresspiegel. Die charakteristische Form erhielt diese nach einem Entwurf des Schweizer Architekten Rolf Keller: auf einem quadratischen Grundriss ragen zwei Dreiecks-Pyramiden in die Höhe, schwarzer Abraum aus dem vor über zwanzig Jahren stillgelegten Bergwerk "Ewald-Hugo". Die Aussicht auf dem Gipfel ist grandios: Gelsenkirchen, die Veltins-Arena auf Schalke, die Halden Oberscholven und Beckstraße und der Landschaftspark Hoheward – bei klarem Wetter reicht der Blick auf dem beliebten Freizeitgelände sogar bis nach Essen. Kaum bekannt ist allerdings, dass es sich bei der Rungenberg Halde um eine brennende Halde handelt, in deren Inneren Schwelbrände lodern. Ausgelöst werden diese durch "Taubes Gestein", wertloses Abraummaterial, das über einen geringen Kohleanteil verfügt. Aktuell erforschen Pilotprojekte, diese Energie geothermisch zu nutzen; da sich die Brandherde allerdings in Bewegung befinden, gestaltet sich dies bisher schwierig … Ein weiteres Highlight zeigt sich bei Dunkelheit: eine Lichtskulptur auf der Spitze zeichnet dann, weithin sichtbar, eine weitere Pyramide in den Abendhimmel über der Halde.
07/23 [Landwirtschaft] Wesenberg Drehen Sonnenblumen im Laufe des Tages ihre Blüte? Eine Frage, die sicherlich auch schon in der "Sendung mit der Maus" gestellt wurde. Die krautartige, einjährige Pflanze gehört der Familie der Korbblütler an und erreicht eine Höhe von etwa zwei Metern. Die Kerne enthalten bis zu 40 Prozent Eiweiß und besitzen einen Ölanteil von etwa 50 Prozent. Blütenblätter finden in der Medizin und der Kosmetik Verwendung. Infolge des Ukrainekrieges und der steigenden Preise für Pflanzenöl wurden auch in Deutschland vermehrt Sonnenblumen angepflanzt. Nach einem Bericht des Statistischen Amtes Mecklenburg Vorpommern stieg der Anbau im letzten Jahr um knapp 150% Prozent. Auch in diesem Jahr wird eine weitere Steigerung der Anbaufläche erwartet. Dies hilft einerseits, die Preise für Sonnenblumenöl stabil zu halten, andererseits freuen sich Naturliebhaber*innen nicht nur im Nationalpark Müritz an den weiten gelbblühenden Feldern. Ach ja, eine Antwort steht noch aus: Junge Pflanzen folgen tagsüber dem Stand der Sonne und drehen sich nachts wieder zurück nach Osten. Sobald sich der Blütenkorb öffnet, endet diese Drehbewegung, da die Morgenwärme mehr Bienen anzieht und sich die Pflanze besser vermehren kann.
06/23 [Sport] Hanns-Braun-Stadion Der Beginn verläuft ohne Komplikationen, alle Läufer*innen verlassen auf ihren Laufbahnen die Startblöcke. Auch der erste Wechsel nach 100 Metern geschieht ohne nennenswerte Vorkommnisse – bei der zweiten StaffelÜbergabe findet der an dritter Position laufende Sprinter seinen Teamkollegen nicht – egal - er läuft erst einmal weiter, bis er von einem Volunteer wieder zurück in die vorgeschriebene Zone geschickt, den Stab dann doch regelkonform übergibt. Beim letzten Wechsel ist das Feld schon weit auseinander gezogen, das siegreiche Team schon längst über der Ziellinie, bevor die zurückliegende Athletin, lautstark angefeuert von begeisterten Zuschauenden, sich auf die letzten 100 Meter begibt. Am vorletzten Tag der Special Olympic World Games stehen im Berliner Hanns-Braun-Stadion die Halbfinals der 4x100 Mixed Staffeln auf dem Programm. Hundertstel, Zehntel oder Sekunden stehen nicht im Fokus, ebenso wie Frisuren oder die Farbe der Laufschuhe: "Dabeisein ist Alles" oder #TogetherUnbeatable. Es macht einfach großen Spaß, diese Sportler*innen aus aller Welt bei Ihren Wettkämpfen zu erleben und sie anzufeuern …
06/23 [Umweltverschmutzung] Groß Neuendorf Das mit August 2022 datierte Schild des Bürgermeisters hängt, eingeschweißt in Plastik mit Kabelbindern am Eingangstor zur Anlegeplattform im Hafen von Groß Neuendorf: "Aktuell ist in der oder zwischen Finkenheerd und Genschmar aus ungeklärten Ursachen ein Fischsterben zu beobachten. Solange keine belastbaren Informationen über die Ursachen, die Konzentration an den unterschiedlichen Flussabschnitten und mögliche Gefahren bekannt ist, empfiehlt der Landkreis Märkisch-Oderland den Kontakt zu Oderwasser vorsorglich zu meiden (Verzehr von Fisch, die Nutzung des Wassers oder das schwimmen von Hunden etc.)". Als Ursache für diese Umweltkatastrophe, bei der etwa 400 Tonnen Fische, Biber, Enten und andere Vögel in und an der Oder verendeten, wurde die "Algenblüte" ausgemacht, ausgelöst durch die illegale Einleitung äußerst salzhaltiger Abwässer in den deutsch-polnischen Grenzfluss. Der oder die Täter konnten bis heute nicht ausfindig gemacht werden. Nach der Erholung der Wasserqualität in den letzten Monaten, vermelden die Zeitungen aktuell erneut tote Fische in zwei Kanälen des Wasserweges …
05/23 [Logistik] Ruhrorter Häfen "Pünktlich um 13:30 startet die "Gerhard Mercator" am Schwanentor in der Innenstadt die große Rundfahrt durch den Duisburger Hafen. Kurz vor der Mündung der Ruhr, bei Rheinkilometer 780 beginnt der größte Binnenhafen Europas: auf einer Wasserfläche von mehr als 180 Hektar und rund 40 Kilometer Uferlänge wurden von mehr als 200 Firmen im letzten Jahr knapp 42 Millionen Tonnen Fracht umgeschlagen. Duisburg ist somit für die wichtigste Verkehrsdrehscheibe der deutschen Binnenschifffahrt. Um auch zukünftig ganz vorne mitspielen zu können, fand im Februar 2022 der erste Spatenstich für einen klimaneutralen Hafenbetrieb statt. Auf der früheren Kohleinsel soll dann das größte Containerterminal im europäischen Binnenland entstehen. Die dafür benötigte elektrische Energie wird dann mittels Brennstoffzellen und Blockheizkraftwerken vor Ort aus Wasserstoff hergestellt. Anfang 2024 soll dieses Leuchtturmprojekt seinen Betrieb aufnehmen. … Nach gut zwei Stunden ist das Ausflugsschiff wieder zurück in der Duisburger Innenstadt – zwei, drei souveräne Anlegemanöver und der Kapitän schaltet die beiden Maschinen ab – aktuell noch dieselbetrieben – aber vielleicht auch schon bald klimaneutral.
05/23 [Sport] Lichterfelde "NO RACISM" steht in blauen Versalien auf den weißen Trikots. Der für sein Engagement vielfach ausgezeichnete Fußballverein aus Berlin Schöneberg vereint Menschen mit Wurzeln aus über 70 Nationen und setzt sich ein für ein friedliches Miteinander über kulturelle, religiöse und weltanschauliche Grenzen hinaus. Neben den gesellschaftspolitischen Intentionen stehen beim "FC Internationale" natürlich auch die sportlichen Ziele im Fokus des Amateurvereins: beim diesjährigen "defendo Pokal" des Berliner FußballVerbandes erreichten die Senioren der Ü32 und der Ü60 die Finalspiele, ausgetragen an Christi Himmelfahrt im Stadion Lichterfelde. Am spannendsten war die Begegnung der Über Sechzigjährigen gegen die NSF Gropiusstadt: das Eins zu Null des Gegners konnte Inter Berlin zwei Minuten später und noch vor der Halbzeitpause ausgleichen. Jeweils ein verwandelter Elfmeter führte in der zweiten Hälfte zum zwischenzeitlichen Zwei zu Zwei, ehe ein Eckball kurz vor dem Schlusspfiff die Entscheidung herbeiführte: Der "FC Internationale" gewann und verteidigte den Pokalerfolg vom letzten Jahr. Beim anschließenden Feiern waren den Spielern die kräftezehrenden 60 Minuten dann kaum mehr anzumerken.
04/23 [Atomkraft] Niederaichbach Eine Minute vor Mitternacht endet eine Ära: gegen Mittag werden erste Bereiche der Anlage – wie etwa der Zwischenüberhitzer – aus dem Betrieb genommen; schon jetzt wird weniger Energie in das Stromnetz eingespeist. Am Abend sind die Ventile, die den Dampf zur Turbine regulieren weiter gedrosselt und die Leistung im Reaktor nimmt kontinuierlich ab. Etwa eine Stunde vor Mitternacht sind diese komplett geschlossen und der Stromgenerator wird endgültig von Netz getrennt. Gleich im Anschluß erfolgt der alles entscheidende Moment: der rote, mit "ReSa" (Reaktorschnellabschaltung) bezeichnete Knopf schaltet den Reaktor ab. Nach mehr als 60 Jahren ist damit des Ende des Atomzeitalters in Deutschland besiegelt. Das AKW "Isar 2" geht als vorletztes vom Netz, kurz darauf, am 15. April 2023 um 23:59 Uhr wird das Kernkraftwerk Neckarwestheim abgeschaltet. Tags darauf sieht man lediglich eine kleine weiße Wolke aus dem Kühlturm steigen, die nach und nach versiegt …
03/23 [Krieg und Frieden] Siegestor Über 600.000 Soldaten versammelten sich im Oktober 1813 bei Leipzig zur wahrscheinlich größten kriegerischen Auseinandersetzung des 19. Jahrhundert: nach drei Tagen war Napoleon Bonaparte geschlagen, 92.000 Männer getötet oder verwundet und die entscheidende Schlacht der Befreiungskriege beendet. Zur Erinnerung an diesen Sieg, errichtete Ludwig I. in München ein Ehrenmal mit der Inschrift "DEM BAYERISCHEN HEERE". Das monumentale Bauwerk zwischen Ludwig- und Leopoldstraße wurde im 2. Weltkrieg durch Luftangriffe schwer beschädigt; nach Ende des Krieges entschloß man sich, das Siegestor bewusst vereinfacht wieder aufzubauen. Mit der Inschrift "DEM SIEG GEWEIHT VOM KRIEG ZERSTÖRT ZUM FRIEDEN MAHNEND", die auf der Südseite hinzugefügt wurde, erhielt der klassizistische Triumphbogen eine neue symbolische Bedeutung, die eines Friedensmahnmals – an "Tag 392" des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine halten auch die erbitterten Kämpfe um Bachmut unvermindert an: die Anzahl der Toten und Verwundeten seit Beginn des Krieges vor einem Jahr liegt schon jetzt in einem niedrigen sechsstelligen Bereich, vermuten Experten.
03/23 [Kohle] Bankenviertel Die Zahlen: Im 3. Quartal 2022 stammten 36,3% des ins Stromnetz eingespeisten Stroms aus Kohlekraftwerken, eine Zunahme gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 13,3%. Auch die Stromerzeugung aus Erdgas war – trotz hoher Preise – um 4,5% höher als im gleichen Zeitraum 2021. Insgesamt wurden im 3. Quartal 118,1 Milliarden Kilowattstunden Strom ins Netz eingespeist (0,5% weniger als im Vorjahr), davon fielen 57% auf konventionelle Energieträger, auf erneuerbare 43% – so das Statistische Bundesamt in Wiesbaden. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und die damit verbundene Energiekrise haben die Energie- und klimapolitischen Pläne der Bundesregierung in Frage gestellt und so wurden im letzten Jahr in Deutschland insgesamt 19 Braun- und Steinkohlekraftwerke aus der sog. "Netzreserve" vorübergehend wieder reaktiviert. Einen Teil der dafür benötigten Steinkohle wurde und wird weiterhin von den Häfen an der Nordsee durch die Binnenschifffahrt über die Wasserstraßen des Landes ans Ziel gebracht, auch über den Main, am Bankenviertel in Frankfurt vorbei …
02/23 [Wohnen] Wustrow Drei bis vier Fussballfelder – soviel Erntefläche wird benötigt für das Dach eines Einfamilienhauses. Reet, Schilf oder Schilfrohr, (lat. Phragmites Australis) ist schon seit Jahrtausenden beliebter Naturbaustoff für Reetdachhäuser. Die Eigenschaften der Sumpfpflanze sprechen dabei für sich: äusserst robust, überaus elastisch und extrem wasserabweisend – zudem ist das "Gemeine Schilfrohr" schnellwachsend, wasserreinigend und dient als Biotop für Insekten und Vögel. In Bündeln geschnürt wird das getrocknete Schilf als Dach verbaut, wobei eine unterliegende Luftschicht die Konstruktion mit ausreichend Frischluft versorgt und so ein angenehmes Raumklima wie auch eine optimale Isolierung garantieren. Nachteilig sind hohe Baukosten und großer Pflegeaufwand – dann allerdings kann ein Reetdach auch schon mal 40 Jahre alt werden. Die ersten Häuser dieser Bauweise findet man bereits 4000 v. Chr. Die Reetdachdeckerei ist einer der ältesten Handwerkstechniken in der Architektur und wurde 2014 in die Liste der UNESCO als "immaterielles Kulturerbe" aufgenommen.
02/23 [Gletscher] Südlicher Schneeferner "Es passiert schneller als wir dachten", sagt Gaziologe Olaf Eisen vom Alfred-Wegener-Institut. Der Südliche Schneeferner ist in den letzten siebzig Jahren um 95% auf etwa einen Hektar geschrumpft; die Eisdicke, früher mehr als 10 Meter misst heute in weiten Teilen weniger als zwei Meter. Durch die hohen Temperaturen im Sommer sowie den geringen Schneefall im Winter hat die Eismächtigkeit drastisch abgenommen. Der Winterschnee schmilzt auf der Zugspitze inzwischen innerhalb eines Sommermonats komplett weg. In den 1990er Jahren versuchte ein Forschungsprojekt der TU München durch Auftragen von riesigen LKW-Planen, den Gletscherschwund auf dem Zugspitzplatt aufzuhalten oder zu verlangsamen – keine 20 Jahre später wurde der Versuch des "Snowfarming" wegen Erfolglosigkeit eingestellt. Im Herbst 2022 schließlich stufte die Bayerische Akademie der Wissenschaften den Südlichen Schneeferner wegen des massiven Rückgangs nur noch als "Toteis", und nicht mehr als "Gletscher", da sich die noch verbliebene Eismasse nicht mehr bewege.