Andreas FranzXaver Süß.
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03/24 [Geschichte] Stasi-Sonderhaftanstalt Bautzen  "Man war eingesperrt, hatte Regeln zu be­fol­gen, mich an Vor­ga­ben zu orien­tie­ren, die man nicht be­stim­men konn­te – Ein­schrän­kun­gen jed­we­der Art auf eng­stem Raum. Ich schät­ze mal so eine Zel­le hat­te acht Qua­drat­me­ter, und dann zu zweit und mit Si­cher­heit 14 Stun­den pro Tag im­mer mit den sel­ben Leu­ten, im­mer in der­sel­ben Zel­le ist nicht einfach." (Gerhard Valdiek, ver­ur­teilt we­gen Re­pu­blik­flucht zu zwei Jah­ren und vier Mo­na­ten.) ///// "Mor­gens so ge­gen fünf wur­de die Zel­len­tür auf­ge­macht – sie ha­ben kei­ne Au­gen mehr, sie ha­ben Oh­ren. Man hört mehr als man sieht. Der Kör­per stellt sich so ein. Da muss­te ich Mel­dung ma­chen: kei­ne be­son­de­ren Vor­komm­nis­se - das war eben Vor­schrift. Und dann ha­ben wir un­se­re Zel­le ge­reinigt, ha­ben uns an­ge­zo­gen und um sie­ben wur­den die Zel­len ge­öff­net." (Sigurd Weber, ver­ur­teilt we­gen Spio­nage im schwer­sten Fall zu ei­ner le­bens­lan­gen Haft­stra­fe.) ///// "Die Ar­rest­zel­len - hin­ten gibt es ei­nen Kä­fig, der so zwei mal zwei Me­ter ist, da ist auch das Klapp­bett drin, und die Tür: du konn­test nicht auf Klo, konn­test kein Was­ser trin­ken. Du kriegst drei Schei­ben tro­cken Brot am Tag, je­den drit­ten Tag was War­mes zu es­sen. Dann bist Du den gan­zen Tag in die­sem Git­ter­raum. Du konn­test um­her­lau­fen, so im Kreis oder auf dem Ho­cker sit­zen, fertig." (Manfred Matthies, ver­ur­teilt zu 13 Jah­ren und 9 Mo­na­ten we­gen Flucht­hil­fe.) ///// Im Jahr 1956 rich­te­te das Mi­ni­ste­rium für Staats­si­cher­heit (MfS) in Baut­zen II ei­nen Hoch­si­cher­heits­trakt mit 200 Haft­plät­zen für Re­gime­kri­ti­ker, Ge­fan­ge­ne aus West­deutsch­land, Spi­one oder Kri­mi­nel­le mit pro­mi­nen­ten Sta­tus ein. Bis De­zem­ber 1989 wa­ren hier 2.350 Men­schen in­haf­tiert, darunter 90 Frauen.
altstadt vön görlitz mit spiegelung im schaufenster
03/24 [Architektur] Görlitz  Ein paar Namen vorweg: Tilda Swinton, George Clooney, Kate Winslet, Bill Murray, Emma Thompson, Jude Law, Christoph Waltz und Jeff Goldblum – die Lis­te der Schau­spie­le­rin­nen und Schau­spie­ler ist das "Who Is Who" der in­ter­na­tio­na­len Film­szene. Sie alle und na­tür­lich noch vie­le mehr wa­ren schon ein­mal in Gör­litz, um ei­nen Film zu dre­hen. Durch den glück­li­chen Um­stand, dass die ehe­ma­li­gen Tuch­ma­cher­stadt an der Neiße den Zwei­ten Welt­krieg nahe­zu un­be­scha­det über­stan­den hat, wur­den in der Alt­stadt seit den 1950er Jah­ren weit mehr als 100 Fil­me ge­dreht, da­run­ter auch in­ter­na­tio­na­le Pro­duk­tio­nen wie "The Grand Buda­pest Hotel", "Der Vor­leser" oder "Monu­ments Men" – aber auch die deut­sche Krimi-­Serie "Wolfs­land" ist hier für Dreh­ar­bei­ten re­gel­mäßig zu Gast. Zur Un­ter­stüt­zung wur­de in "Görli­wood" ei­gens ein Film­büro ein­ge­rich­tet, die vor zwei Jah­ren ge­grün­de­te Film­aka­de­mie bie­tet un­ter an­de­rem Kur­se in Assi­stenz Ka­mera + Licht so­wie Semi­nare zu Film­aus­stat­tung und Set-­Design an. Und wer weiß, wem Du bei Dei­nem näch­sten Be­such in der Gör­lit­zer Alt­stadt zu­fäl­lig über den Weg läufst?
02/24 [Geschichte] Frauenkirche  Im Februar 1945 wur­de die Alt­stadt und auch die Frauen­kir­che von Dres­den durch Luft­an­grif­fe der Royal Air Force und der US Air Force wei­test­ge­hend zer­stört; mit die­sem Bom­bar­de­ment ver­such­ten die Al­li­ier­ten den Druck auf das na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Deut­sche Reich zu ver­stär­ken und den Zwei­ten Welt­krieg zu be­en­den. Seit ih­rem Wie­der­auf­bau vor zwan­zig Jah­ren gilt das die Frauen­kir­che heu­te als das Sym­bol für Frie­den und Ver­söh­nung. So bil­det sich seit mehr als zehn Jah­ren am Abend des 13. Feb­ru­ar ei­ne Men­schen­ket­te schüt­zend vor rechts­ex­tre­mis­ti­schen Ver­an­stal­tun­gen rund um die Alt­stadt, das Got­tes­haus am Neu­markt zeigt an der Fas­sa­de ein kla­res Be­kennt­nis für Demo­kra­tie und ge­gen Rechts­po­pu­lis­mus. Im Haupt­kirch­raum tre­ten Ver­tre­ter*­in­nen der Stadt­ge­sell­schaft un­ter dem Mot­to "Wir ha­ben die Wahl" öf­fent­lich ein für freie Wah­len, Rechts­staat­lich­keit, Zi­vil­cou­ra­ge, Streit­kul­tur, Plu­ra­lis­mus, Mei­nungs­frei­heit, Ver­ant­wort­li­ches Wirt­schaf­ten und Par­ti­zi­pa­tion. Tag­täg­lich um 12 Uhr mIt­tags er­in­nert die Frie­dens­glocke vom Turm der Frauen­kir­che die Dresd­ner*­in­nen an die frei­heit­li­chen Wer­te un­se­rer Ge­sell­schaft – ge­ra­de im Wahl­jahr 2024 ein kla­res und wich­ti­ges Bekenntnis.
02/24 [Kultur] Berlinale  Abrupt wird die fröhliche Best-­Of-­Play­list der Gala un­ter­bro­chen, auf dem über­di­men­sio­na­len Moni­tor leuch­tet in wei­ßen Buch­sta­ben auf schwar­zem Grund "Demo­cracy. De­fend." Schwei­gend und Hand in Hand schrei­ten rund fünf­zig deut­sche Film­schaf­fen­de den Ro­ten Tep­pich ent­lang zum Thea­ter am Pots­da­mer Platz. Vor dem Ein­gang des Ber­li­na­le Pa­lasts blei­ben die Schau­spie­ler­*in­nen und Re­gis­seur­*innen ste­hen und zi­tie­ren zum Schein ihrer Handy-­Ta­schen­lam­pen im­mer wie­der die­sen Slogan. Die­se, von der Fes­ti­val­Lei­tung ini­ti­ierte Aktion war ei­ne von meh­re­ren kla­ren Be­kennt­nis­sen zu Frei­heit und De­mo­kra­tie zur Er­öff­nung der Ber­li­na­le. Und wie je­des Jahr star­te­te die 74. Aus­ga­be des Film­fests mit den Schau­lauf zahl­rei­cher Stars und Pro­mi­nen­ter: Emilia Schüle, Matt Damon, Cillian Murphy, Jella Haase, Toni Garn, Christian Friedel, Hannah Herzsprung, Jürgen Vogel, Natalia Belitski, Lupita Nyong’o, Florence Kashumba, Papis Loveday (ein großes Papp­schild mit der Auf­schrift "NO RACISM ! No AFD !" In der Hand), Pheline Roggan (trug eine Ket­te mit der In­schrift "FCK AFD" um den Hals), Jessica Schwarz, Lars Eidinger (erfüllte eine halbe Stunde lang beinahe jeden Autogramm- und SelfieWunsch), Heike Makatsch, Riccardo Simonetti, Karl Lauterbach, Caro Daur, Franziska Giffey, Kai Wegner, Millane Friesen, Fatih Skin, Sibel Kekilli, Lilith Stangenberg, Claudia Roth, und, und, und, … na­türlich dem Lei­tungs­team-­Duo Mariette Rissenbeck und Carlo Chatrian.
02/24 [Kunst] Tieranatomisches Theater  Auf den er­sten Blick hat es den An­schein als be­ob­ach­ten dich un­zäh­lige Aug­äp­fel, die ab­wech­selnd in un­ter­schied­li­chen Far­ben auf­leuch­ten; doch im zwei­ten Mo­ment hört man die akus­ti­schen Si­gna­le, Klän­ge ei­ner In­stal­la­tion von Tim Otto Roth mit dem Ti­tel "Thea­tre of Me­mory": 70 ku­gel­run­de Laut­spre­cher for­men durch ver­schie­den­ar­tige In­ter­ak­tio­nen rhyth­mi­sche Ton­fol­gen, die durch akus­ti­sche Ent­la­dun­gen ab­rupt en­den. Das Klang­netz­werk gleicht ei­ner wis­sen­schaft­li­chen Ver­suchs­an­ord­nung, die kei­nen ge­eig­ne­te­ren Ort fin­den konn­te als den Se­zier­saal im Tier­ana­to­mi­schen The­ater auf dem Cam­pus der Chari­té in Ber­lin-­Mit­te. Der re­la­tive en­ge, steil auf­stei­gen­de Hör­saal dien­te vor mehr als zwei­hun­dert Jah­ren zur Aus­bil­dung der "Roßärtze" und gilt heu­te als Wahr­zei­chen des preußi­schen Klas­si­zis­mus. Genutzt wird das äl­tes­te noch er­hal­te­ne Lehr­ge­bäu­de Ber­lins mitt­ler­wei­le für Ver­an­stal­tun­gen und Aus­stel­lun­gen – bei freiem Ein­tritt lohnt sich auch ein mehr­ma­li­ger Be­such ins "Thea­ter des Gedächtnisses" …
01/24 [Freizeit] Park am Gleisdreieck  Tischtennis spielen, Skaten, Ge­burts­tag fei­ern, Schau­keln, Rut­schen und Sand spie­len, Hund aus­füh­ren, Box­trai­ning, Spa­zie­ren­ge­hen, Mor­gen- oder Abend­Jog­gen, Fris­bee wer­fen, Chil­len, Pick­nicken, in der Son­ne lie­gen, Boule spie­len, Fei­ern, Line­dance, Wal­ken, Tram­po­lin sprin­gen … – erst vor et­was mehr als zehn Jah­ren er­öff­net, er­freut sich die ehe­ma­lige Brach­flä­che des An­hal­ter und Pots­damer Güter-­Bahn­hofs größ­ter Be­liebt­heit und in den Som­mer­mo­na­ten gibt es kaum eine Stun­de, in der die Park­an­la­ge in Kreuz­berg Zeit für Er­ho­lung hat. Von den er­sten Jog­ger*­in­nen zum Son­nen­auf­gang bis zu den jun­gen Leu­ten, die weit nach Mit­ter­nacht wie­der nach Hau­se auf­bre­chen – der Gleis­drei­eck­park bie­tet Jung und Alt Raum für ver­schie­den­ste Akti­vi­tä­ten an. Jetzt am Vor­mit­tag ist es al­ler­dings etwas ru­hi­ger: Tem­pe­ra­tu­ren um den Ge­frier­punkt und Schnee hül­len den etwa 30 Hek­tar großen "Ur­ba­nen Raum" in eine win­ter­liche Ruhe: ein paar Spa­zier­gän­ger*­in­nen, Müt­ter mit Kin­der­wa­gen, Vo­gel­ge­zwit­scher und hoch oben auf der Tras­se zieht die U2 quiet­schend ihre wei­te Kur­ve Rich­tung Bülowstraße …
01/24 [Kunst] Neue Nationalgalerie  Wie Fi­gu­ren eines über­di­men­sio­na­len Schach­brett lie­gen die qua­dra­ti­schen Gra­nit­plat­ten aus der Nor­man­die auf dem Fuss­bo­den der Haupt­hal­le ver­teilt – vier­zig Stück, eins zwan­zig auf eins zwan­zig, das For­mat der Bo­den­plat­ten auf­grei­fend. Jede die­ser Stein­plat­ten ist ver­schie­den in der Struk­tur, Far­big­keit und Ober­flä­chen­re­lief. Als Be­su­cher*­in ist man Teil der In­stal­la­tion, je­der Schritt ein "Schach­zug", der das Spiel ver­än­dert, im­mer wie­der neue Raum­kon­stel­lat­io­nen mit sich bringt. Die Ar­beit stammt von Ul­rich Rück­riem, ak­tuell zu Eh­ren sei­nes 85. Ge­burts­ta­ges für knapp vier Wo­chen in der Neu­en Na­tio­nal­ga­lerie in Ber­lin-­Tier­gar­ten wie­der ein­ge­rich­tet. Das Ge­bäu­de am Kul­tur­fo­rum, ent­wor­fen von Lud­wig Mies van der Rohe und 1968 er­öff­net, gilt als Iko­ne der Klas­si­schen Mo­der­ne. Die be­deu­ten­de Samm­lung des Hauses um­fasst eu­ro­pä­ische Ma­le­rei und Plas­tik des 20. Jahr­hun­derts bis in die 1960­er Jah­re. Es zeigt sich zu je­der Tages­zeit und in Ab­hän­gig­keit von Wet­ter und Jah­res­zeit in einer an­de­ren An­mu­tung: mal scheint das über­ra­gen­de Dach zu schwe­ben, mal ver­schmilzt die Ar­chi­tek­tur regel­recht mit der um­lie­gen­den Stadt­land­schaft – und nicht nur das Haus, son­dern vor allem auch die aus­ge­stell­ten Kunst­werke.
01/24 [Natur] Niechorze  Rollend, schaumig, bewegt, rhyth­misch, bre­chend, glatt, to­send, zer­zaust, kräu­selnd, wild, sanft, schäu­mend, gisch­tig … – je­den Tag bie­tet die Ost­see ein neues Mee­res­Schau­spiel. Ein­fluss auf die­se Ins­ze­nie­rung ha­ben Wind, Wet­ter, Jah­res­zeit, Tem­pe­ra­tur und Ge­zei­ten. Heu­te, An­fang Ja­nu­ar ist es sehr ruhig am Strand von Nie­chor­ze, die ver­ein­zel­ten und we­ni­gen Spa­zier­gän­ger*­in­nen sind alle­samt warm und wind­dicht in di­cke Ja­cken und Män­teln ein­ge­packt. Das Ther­mo­me­ter am Strand zeigt ge­ra­de mal ein Grad, die Was­ser­tem­pe­ra­tur be­trägt 4 Grad; die Sicht ist gut, der kal­te und teil­wei­se recht bö­ige Wind aus Nord­Ost lässt die Mütze noch tie­fer ins Ge­sicht rut­schen. In ei­ner Stun­de, um kurz nach zwölf ist Nie­drig­was­ser – da­nach steigt die Ost­see wie­der an – aller­dings be­trägt der Un­ter­schied zwi­schen Eb­be und Flut ak­tu­ell ge­ra­de mal zehn Zen­ti­me­ter. Die Wel­len kom­men heu­te aus Nor­den, et­wa al­le 5 Se­kun­den und mit ei­ner Hö­he von viel­leicht ei­nem hal­ben Me­ter. Weit hin­ten steht ein Ang­ler in der Bran­dung und ver­sucht sein Glück – doch laut An­gel­ka­lender ist er zu spät auf­ge­stan­den: die größ­te Ak­ti­vi­tät der Fi­sche und höch­ste Wahr­schein­lich­keit auf ei­nen gu­ten Fang war heu­te zum Son­nen­auf­gang zwi­schen sie­ben und neun Uhr mor­gens. Lange sind die mei­sten Leu­te an die­sem Tag nicht drau­ßen unter­wegs: den Hund aus­füh­ren, fri­sche Luft schnap­pen, am Strand jog­gen oder wal­ken, ein oder meh­re­re Bli­cke aufs Meer hi­naus­schau­en, der Bran­dung lau­schen und dann wie­der nach Hau­se ins War­me. Und mal se­hen, wie die See mor­gen aus­se­hen wird: stür­misch, mäch­tig, don­nernd, ru­hig, spiegelnd …
12/23 [Architektur] Rathaus Schöneberg  "Sti-ille Na-cht, hei-lige Na-cht" – pünkt­lich um vier und zur Däm­me­rung am Hei­li­gen Abend er­strah­len die Lich­ter­ker­zen an den bei­den Weih­nachts­bäu­men vor dem Schö­ne­ber­ger Rat­haus. Trotz des nass­kal­ten Re­gen­wet­ters ist der Vor­platz gut ge­füllt: An­woh­nen­de, Fa­mi­lien, Freun­de, Be­kann­te, Nach­barn, Ver­wan­dte und Be­su­cher*­in­nen ste­hen dicht ge­drängt zwi­schen den Pfüt­zen und er­war­ten mit Vor­freu­de das mitt­ler­wei­le schon tra­di­tio­nel­le Weih­nachts­sin­gen. Nach der Be­grüßung durch den Be­zirks­bürger­meis­ter stim­men al­le An­we­sen­den, be­glei­tet vom Horn-­Tuba-­Quin­tett Ber­lin und ge­lei­tet von der Sän­ge­rin Nas­tass­ja Nass das er­ste Lied an: „O du fröh­li­che, o du se­lige …“ Für die nicht so Text­si­che­ren lie­gen ge­druck­te Lie­der­hef­te be­reit; ein QR-­Code bie­tet die Tex­te auf dem Smart­phone. Das Re­per­to­ire um­fasst die be­kann­tes­ten Weih­nachts­lie­der von "O Tan­nen­baum", "Fröh­li­che Weih­nacht über­all", "Le­ise rie­selt der Schnee", "Jin­gle Bells", bis "Es ist ein Ros ent­sprun­gen" und "Hört der Engel hel­le Lie­der". Nach gut einer Stun­de nähert sich das Sin­gen sei­nem Höhe­punkt: "Stil­le Nacht, hei­li­ge Nacht". Laut und leise, hoch und tief hal­len die drei Stro­phen über den John-­F.-­Ken­nedy-­Platz vor dem Rat­haus. Nach ei­ner fest­li­chen Stil­le strö­men die An­we­sen­den, be­glei­tet von den Klän­gen der Frei­heits­glocke in al­le Him­mels­rich­tun­gen aus­ein­an­der – ins War­me und Tro­cke­ne nach Hau­se, zu Be­sche­rung und Weih­nachts­essen.
12/23 [Architektur] Marienkirche  "Der Auf­stieg birgt An­stren­gun­gen. Jeder muß ein­schät­zen, ob er dem Auf­stieg ge­wach­sen ist. Ge­sund­heit­lich ge­schä­dig­te Men­schen, ins­be­son­de­re Men­schen mit Herz- / Kreis­lauf­er­kran­kun­gen wird vom Auf­stieg ab­ge­ra­ten." steht un­ter Punkt acht der Turm­ord­nung auf der lan­gen Holz­ta­fel neben der nied­ri­gen Tür zum Turm­auf­gang. Die Stein­stu­fen der en­gen Wen­del­trep­pe sind steil und un­re­gel­mäßig aus­ge­tre­ten, der Hand­lauf an der Wand­seite ver­ros­tet und feucht. Nach un­zäh­li­gen Run­den tritt man ganz un­ver­mit­telt in den höl­zer­nen Glocken­stuhl: die größte der drei Glocken stammt aus dem Jahr 1663, wiegt fünf Ton­nen bei ei­nem Durch­mes­ser von 201 cm und ist auf den Schlag­ton "as" ge­gos­sen; die bei­den Klei­ne­ren sind wei­taus jün­ger und klin­gen in "c" und "es". Das letz­te Drit­tel zur Turm­platt­form steigt man über Holz­trep­pen und Lei­tern hin­auf in den im­mer en­ger wer­den­den Gie­bel, vor­bei an In­schrif­ten von "Rai­ner, Ale­xan­der und Wal­ter wa­ren ohne Kat­rin hier oben" oder "Paul + Fiona" ver­se­hen mit einem Herz und Da­tum. Auf der Aus­sichts­platt­form er­war­ten ei­nen heu­te ty­pi­sches Ost­see­wet­ter: peit­schen­der Re­gen und stür­mi­sche Wind­böen, doch die Aus­sicht in 90 Me­tern Hö­he ist ein­fach gran­dios: die Dä­cher der Alt­stadt von Stral­sund, alte und neue Rü­gen­brü­cke, Alte­fähr, Dän­holm, und, und , und …. Der Auf­stieg über die 366 Stu­fen auf den Turm der Ma­rien­kir­che kos­tet fünf Euro, Kin­der und Stu­den­ten zah­len zwei Euro; ge­öff­net in den Win­ter­mo­na­ten täg­lich von 11:00 bis 15:00 Uhr (letz­ter Auf­stieg 14:30 Uhr).
halde rungernberg
08/23 [Bergbau] Halde Rungenberg  Schon von weitem sicht­bar, im Nor­den der Stadt Gel­sen­kir­chen, liegt eine der mar­kan­tes­ten Land­mar­ken im ge­sam­ten Ruhr­ge­biet: die Hal­de Run­gen­berg. Über weit ge­schwun­ge­ne Wege geht es hin­auf auf 115 Meter über dem Mee­res­spie­gel. Die cha­rak­teris­ti­sche Form er­hielt diese nach ei­nem Ent­wurf des Schwei­zer Ar­chi­tek­ten Rolf Kel­ler: auf ei­nem qua­dra­ti­schen Grund­riss ra­gen zwei Drei­ecks-Py­ra­mi­den in die Höhe, schwar­zer Ab­raum aus dem vor über zwan­zig Jah­ren still­ge­leg­ten Berg­werk "Ewald-Hugo". Die Aus­sicht auf dem Gip­fel ist gran­dios: Gel­sen­kir­chen, die Vel­tins-Are­na auf Schal­ke, die Hal­den Ober­schol­ven und Beck­straße und der Land­schafts­park Hohe­ward – bei kla­rem Wet­ter reicht der Blick auf dem be­lieb­ten Frei­zeit­ge­län­de sogar bis nach Essen. Kaum be­kannt ist aller­dings, dass es sich bei der Run­gen­berg Hal­de um eine bren­nen­de Hal­de han­delt, in de­ren In­ne­ren Schwel­brän­de lo­dern. Aus­ge­löst wer­den die­se durch "Tau­bes Ge­stein", wert­lo­ses Ab­raum­ma­te­rial, das über ei­nen ge­rin­gen Koh­le­an­teil ver­fügt. Ak­tuell er­for­schen Pi­lot­pro­jek­te, die­se Ener­gie geo­ther­misch zu nut­zen; da sich die Brand­her­de al­ler­dings in Be­we­gung be­fin­den, ge­stal­tet sich dies bis­her schwie­rig … Ein wei­te­res High­light zeigt sich bei Dun­kel­heit: eine Licht­skulp­tur auf der Spit­ze zeich­net dann, weit­hin sicht­bar, eine wei­te­re Py­ra­mide in den Abend­him­mel über der Halde.
sonnenblumenfeld bei weserberg
07/23 [Landwirtschaft] Wesenberg  Drehen Sonnenblumen im Lau­fe des Ta­ges ihre Blüte? Eine Fra­ge, die sicher­lich auch schon in der "Sen­dung mit der Maus" ge­stellt wurde. Die kraut­artige, ein­jäh­ri­ge Pflan­ze ge­hört der Fa­mi­lie der Korb­blüt­ler an und er­reicht eine Hö­he von etwa zwei Me­tern. Die Ker­ne ent­hal­ten bis zu 40 Pro­zent Ei­weiß und be­sit­zen einen Öl­an­teil von etwa 50 Pro­zent. Blü­ten­blät­ter fin­den in der Me­di­zin und der Kos­me­tik Ver­wen­dung. In­fol­ge des Ukra­ine­krie­ges und der stei­gen­den Prei­se für Pflan­ze­nöl wur­den auch in Deutsch­land ver­mehrt Son­nen­blu­men an­ge­pflanzt. Nach ei­nem Be­richt des Sta­tis­ti­schen Amtes Meck­len­burg Vor­pom­mern stieg der An­bau im letz­ten Jahr um knapp 150% Pro­zent. Auch in die­sem Jahr wird ei­ne wei­tere Stei­ge­rung der An­bau­flä­che er­war­tet. Dies hilft ei­ner­seits, die Prei­se für Son­nen­blu­men­öl sta­bil zu hal­ten, an­de­rer­seits freu­en sich Natur­lieb­ha­ber*­innen nicht nur im Natio­na­lpark Mü­ritz an den wei­ten gelb­blü­hen­den Fel­dern. Ach ja, eine Ant­wort steht noch aus: Jun­ge Pflan­zen fol­gen tags­über dem Stand der Son­ne und dre­hen sich nachts wie­der zu­rück nach Osten. So­bald sich der Blü­ten­korb öff­net, en­det die­se Dreh­be­we­gung, da die Mor­gen­wär­me mehr Bie­nen an­zieht und sich die Pflan­ze bes­ser ver­meh­ren kann.
ansicht der oder bei lebus
06/23 [Sport] Hanns-Braun-Stadion  Der Beginn verläuft ohne Kom­pli­katio­nen, alle Läufer*­innen ver­las­sen auf ihren Lauf­bah­nen die Start­blöcke. Auch der erste Wech­sel nach 100 Metern geschieht ohne nen­nens­wer­te Vor­komm­nisse – bei der zwei­ten Staffel­Über­gabe fin­det der an drit­ter Posi­tion lau­fende Sprin­ter sei­nen Team­kol­legen nicht – egal - er läuft erst ein­mal wei­ter, bis er von einem Volun­teer wie­der zurück in die vor­ge­schrie­bene Zone ge­schickt, den Stab dann doch regel­kon­form über­gibt. Beim letz­ten Wech­sel ist das Feld schon weit aus­ein­an­der ge­zo­gen, das sie­greiche Team schon längst über der Ziel­linie, bevor die zurück­lie­gen­de Ath­le­tin, laut­stark an­ge­feuert von be­geis­terten Zu­schau­enden, sich auf die letz­ten 100 Meter begibt. Am vor­letz­ten Tag der Special Olympic World Games ste­hen im Ber­liner Hanns-Braun-Stadion die Halb­finals der 4x100 Mixed Staf­feln auf dem Pro­gramm. Hun­dert­stel, Zehn­tel oder Se­kun­den stehen nicht im Fokus, ebenso wie Fri­su­ren oder die Farbe der Lauf­schuhe: "Dabei­sein ist Alles" oder #TogetherUnbeatable. Es macht ein­fach großen Spaß, die­se Sport­ler*­innen aus aller Welt bei Ihren Wett­kämp­fen zu er­le­ben und sie an­zu­feuern …
ansicht der oder bei lebus
06/23 [Umweltverschmutzung] Groß Neuendorf  Das mit August 2022 datierte Schild des Bür­ger­meis­ters hängt, ein­ge­schweißt in Plas­tik mit Kabel­bin­dern am Ein­gangs­tor zur An­lege­platt­form im Hafen von Groß Neuen­dorf: "Aktuell ist in der oder zwischen Fin­ken­heerd und Gen­schmar aus un­ge­klär­ten Ur­sachen ein Fisch­ster­ben zu beob­achten. So­lan­ge keine be­last­ba­ren In­for­ma­tionen über die Ur­sa­chen, die Kon­zen­tra­tion an den un­ter­schied­lichen Fluss­ab­schnit­ten und mög­li­che Ge­fah­ren be­kannt ist, em­pfiehlt der Land­kreis Mär­kisch-Oder­land den Kon­takt zu Oder­was­ser vor­sorg­lich zu mei­den (Verzehr von Fisch, die Nut­zung des Was­sers oder das schwim­men von Hunden etc.)". Als Ursache für diese Umweltkatastrophe, bei der etwa 400 Tonnen Fische, Biber, Enten und andere Vögel in und an der Oder ver­ende­ten, wur­de die "Algen­blüte" aus­gemacht, aus­ge­löst durch die il­le­ga­le Ein­lei­tung äußerst salz­hal­tiger Ab­wäs­ser in den deutsch-pol­ni­schen Grenz­fluss. Der oder die Täter konn­ten bis heute nicht aus­fin­dig ge­macht wer­den. Nach der Er­ho­lung der Was­ser­qua­lität in den letz­ten Mona­ten, ver­mel­den die Zei­tun­gen ak­tuell erneut tote Fi­sche in zwei Kanä­len des Wasser­weges …
ansicht des duisburger hafens
05/23 [Logistik] Ruhrorter Häfen  "Pünktlich um 13:30 startet die "Ger­hard Merca­tor" am Schwa­nen­tor in der Innen­stadt die große Rund­fahrt durch den Duis­burger Ha­fen. Kurz vor der Mün­dung der Ruhr, bei Rhein­kilo­meter 780 beginnt der größte Bin­nen­hafen Euro­pas: auf einer Was­ser­flä­che von mehr als 180 Hek­tar und rund 40 Kilo­meter Ufer­länge wur­den von mehr als 200 Firmen im letzten Jahr knapp 42 Mil­lio­nen Ton­nen Fracht um­ge­schla­gen. Duisburg ist somit für die wich­tig­ste Ver­kehrs­dreh­scheibe der deut­schen Bin­nen­schiff­fahrt. Um auch zukünf­tig ganz vorne mit­spielen zu kön­nen, fand im Februar 2022 der erste Spaten­stich für einen klima­neu­tra­len Hafen­be­trieb statt. Auf der frü­he­ren Kohle­insel soll dann das größte Con­tai­ner­ter­mi­nal im euro­pä­ischen Bin­nen­land ent­ste­hen. Die dafür benö­tig­te elek­tri­sche Ener­gie wird dann mit­tels Brenn­stoff­zel­len und Block­heiz­kraft­wer­ken vor Ort aus Was­ser­stoff her­ge­stellt. Anfang 2024 soll die­ses Leucht­turm­pro­jekt seinen Be­trieb auf­nehmen. … Nach gut zwei Stun­den ist das Aus­flugs­schiff wie­der zurück in der Duis­burger In­nen­stadt – zwei, drei sou­ve­räne An­lege­ma­nö­ver und der Kapi­tän schal­tet die bei­den Maschi­nen ab – ak­tuell noch diesel­betri­eben – aber viel­leicht auch schon bald klima­neu­tral.
Pokal und Medaillen des defendo Pokal 2023 auf dem Tisch neben dem Fußballplatz in Berlin Lichterfelde
05/23 [Sport] Lichterfelde  "NO RACISM" steht in blauen Versa­lien auf den weißen Trikots. Der für sein Enga­ge­ment viel­fach aus­gezeich­nete Fuß­ball­verein aus Berlin Schöne­berg vereint Men­schen mit Wurzeln aus über 70 Nationen und setzt sich ein für ein fried­liches Mit­ein­ander über kul­tu­relle, reli­giöse und welt­an­schau­liche Gren­zen hinaus. Neben den ge­sell­schafts­poli­ti­schen In­ten­tio­nen stehen beim "FC Inter­natio­nale" natür­lich auch die sport­lichen Ziele im Fokus des Ama­teur­vereins: beim dies­jäh­rigen "defendo Pokal" des Ber­liner Fuß­ball­Verbandes er­reich­ten die Sen­ioren der Ü32 und der Ü60 die Final­spiele, aus­getra­gen an Chri­sti Him­mel­fahrt im Stadion Lich­ter­felde. Am span­nend­sten war die Begeg­nung der Über Sech­zig­jäh­rigen gegen die NSF Gropius­stadt: das Eins zu Null des Geg­ners konnte Inter Berlin zwei Minu­ten später und noch vor der Halb­zeit­pause aus­gleichen. Jeweils ein ver­wan­del­ter Elf­meter führte in der zwei­ten Hälfte zum zwi­schen­zeit­li­chen Zwei zu Zwei, ehe ein Eck­ball kurz vor dem Schluss­pfiff die Ent­schei­dung her­bei­führ­te: Der "FC Inter­natio­nale" ge­wann und ver­tei­dig­te den Pokal­erfolg vom letz­ten Jahr. Beim an­schlie­ßen­den Fei­ern waren den Spie­lern die kräf­te­zeh­ren­den 60 Minu­ten dann kaum mehr anzumerken.
ansicht des kühlturms des akw isar 2 am abend bei gegenlicht
04/23 [Atomkraft] Niederaichbach  Eine Minute vor Mitter­nacht endet eine Ära: gegen Mit­tag werden erste Bereiche der Anlage – wie etwa der Zwi­schen­über­hitzer – aus dem Betrieb genom­men; schon jetzt wird weniger Energie in das Strom­netz einge­speist. Am Abend sind die Ven­tile, die den Dampf zur Tur­bine regu­lieren weiter gedros­selt und die Leis­tung im Reak­tor nimmt kon­tinu­ierlich ab. Etwa eine Stunde vor Mitter­nacht sind diese komp­lett ge­schlos­sen und der Strom­genera­tor wird end­gültig von Netz getrennt. Gleich im Anschluß erfolgt der alles ent­schei­dende Moment: der rote, mit "ReSa" (Reaktor­schnell­abschal­tung) bezeich­nete Knopf schaltet den Reaktor ab. Nach mehr als 60 Jahren ist damit des Ende des Atom­zeit­alters in Deutsch­land besiegelt. Das AKW "Isar 2" geht als vor­letz­tes vom Netz, kurz darauf, am 15. April 2023 um 23:59 Uhr wird das Kern­kraft­werk Neckar­west­heim abge­schaltet. Tags darauf sieht man ledig­lich eine kleine weiße Wolke aus dem Kühl­turm steigen, die nach und nach versiegt …
siegestor in münchen von unten fotografiert
03/23 [Krieg und Frieden] Siegestor  Über 600.000 Sol­daten ver­sammel­ten sich im Oktober 1813 bei Leipzig zur wahr­schein­lich größ­ten kriege­ri­schen Aus­ein­ander­set­zung des 19. Jahr­hun­dert: nach drei Tagen war Napo­leon Bona­parte geschla­gen, 92.000 Männer getö­tet oder verwun­det und die ent­schei­dende Schlacht der Befrei­ungs­kriege beendet. Zur Erin­ne­rung an diesen Sieg, errich­tete Ludwig I. in München ein Ehren­mal mit der Inschrift "DEM BAYERISCHEN HEERE". Das monu­men­tale Bau­werk zwi­schen Ludwig- und Leopold­straße wurde im 2. Welt­krieg durch Luft­an­griffe schwer beschä­digt; nach Ende des Krieges ent­schloß man sich, das Sieges­tor bewusst ver­ein­facht wieder auf­zu­bauen. Mit der Inschrift "DEM SIEG GEWEIHT  VOM KRIEG ZERSTÖRT  ZUM FRIEDEN MAHNEND", die auf der Süd­seite hinzu­gefügt wurde, er­hielt der klas­si­zis­tische Triumph­bogen eine neue symbo­lische Bedeu­tung, die eines Frie­dens­mahn­mals – an "Tag 392" des russi­schen An­griffs­krieges auf die Ukraine hal­ten auch die erbit­ter­ten Kämpfe um Bachmut unver­mindert an: die Anzahl der Toten und Ver­wun­deten seit Beginn des Krieges vor einem Jahr liegt schon jetzt in einem nied­rigen sechs­stel­ligen Bereich, ver­muten Experten.
kohleschiff auf dem main vor dem bankenviertel in frankfurt
03/23 [Kohle] Bankenviertel  Die Zahlen: Im 3. Quartal 2022 stamm­ten 36,3% des ins Strom­netz einge­speis­ten Stroms aus Kohle­kraft­werken, eine Zu­nahme gegen­über dem Vor­jahres­zeit­raum um 13,3%. Auch die Strom­er­zeu­gung aus Erd­gas war – trotz hoher Preise – um 4,5% höher als im gleichen Zeit­raum 2021. Insge­samt wurden im 3. Quartal 118,1 Mil­liar­den Kilo­watt­stun­den Strom ins Netz ein­ge­speist (0,5% weniger als im Vor­jahr), davon fie­len 57% auf kon­ven­tio­nelle Ener­gie­träger, auf er­neuer­bare 43% – so das Statis­tische Bundes­amt in Wies­baden. Der Angriffs­krieg Russ­lands auf die Ukraine und die damit ver­bun­dene Energie­krise haben die Energie- und klima­poli­ti­schen Pläne der Bundes­regie­rung in Frage ge­stellt und so wur­den im letz­ten Jahr in Deutsch­land ins­gesamt 19 Braun- und Stein­kohle­kraft­werke aus der sog. "Netz­reserve" vorüber­gehend wieder reak­ti­viert. Einen Teil der dafür benö­tigten Stein­kohle wurde und wird weiter­hin von den Häfen an der Nord­see durch die Binnen­schiff­fahrt über die Wasser­straßen des Landes ans Ziel gebracht, auch über den Main, am Banken­viertel in Frank­furt vorbei …
reetdachhaus auf dem fischland
02/23 [Wohnen] Wustrow  Drei bis vier Fuss­ball­felder – soviel Ernte­fläche wird benötigt für das Dach eines Ein­fami­lien­hauses. Reet, Schilf oder Schilf­rohr, (lat. Phrag­mites Austra­lis) ist schon seit Jahr­tau­sen­den belieb­ter Natur­bau­stoff für Reet­dach­häuser. Die Eigen­schaften der Sumpf­pflanze sprechen dabei für sich: äus­serst robust, über­aus elas­tisch und extrem wasser­ab­weisend – zudem ist das "Gemeine Schilfrohr" schnell­wach­send, was­ser­reini­gend und dient als Bio­top für Insek­ten und Vögel. In Bündeln geschnürt wird das getrock­nete Schilf als Dach ver­baut, wobei eine unter­lie­gende Luft­schicht die Kon­struk­tion mit aus­reichend Frisch­luft ver­sorgt und so ein ange­nehmes Raum­klima wie auch eine opti­male Iso­lierung garan­tieren. Nach­teilig sind hohe Bau­kosten und großer Pflege­aufwand – dann aller­dings kann ein Reet­dach auch schon mal 40 Jahre alt werden. Die ersten Häuser dieser Bau­weise findet man bereits 4000 v. Chr. Die Reet­dach­decke­rei ist einer der ältes­ten Hand­werks­tech­niken in der Archi­tektur und wurde 2014 in die Liste der UNESCO als "immate­riel­les Kultur­erbe" aufgenommen.
zugspitzplatt im winter mit wenig schnee und alpenpanorama
02/23 [Gletscher] Südlicher Schneeferner  "Es passiert schneller als wir dachten", sagt Gazio­loge Olaf Eisen vom Alfred-Wegener-Institut. Der Süd­liche Schnee­fer­ner ist in den letz­ten siebzig Jahren um 95% auf etwa einen Hektar geschrumpft; die Eis­dicke, früher mehr als 10 Meter misst heute in weiten Teilen weniger als zwei Meter. Durch die hohen Tem­pera­turen im Sommer sowie den geringen Schnee­fall im Winter hat die Eis­mächtig­keit drastisch abgenommen. Der Winter­schnee schmilzt auf der Zug­spitze inzwi­schen inner­halb eines Sommer­monats komplett weg. In den 1990er Jahren versuchte ein For­schungs­projekt der TU München durch Auf­tragen von riesigen LKW-Planen, den Glet­scher­schwund auf dem Zug­spitz­platt aufzu­halten oder zu verlang­samen – keine 20 Jahre später wurde der Versuch des "Snow­farming" wegen Erfolg­losig­keit einge­stellt. Im Herbst 2022 schließ­lich stufte die Baye­rische Aka­demie der Wiss­en­schaf­ten den Süd­lichen Schnee­ferner wegen des massi­ven Rück­gangs nur noch als "Tot­eis", und nicht mehr als "Glet­scher", da sich die noch ver­blie­bene Eis­masse nicht mehr bewege.
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