Andreas FranzXaver Süß. Fotografie+
namentlich Gedenken.  Am Michels­berg gedenkt die Landes­haupt­stadt Wiesbaden ihrer 1.549 jüdischen Mitbürger*­innen, die von den National­sozialisten ermordet wurden  [GEDENKSTÄTTE]
Vormittag am Michelsberg. Die angrenzenden Restaurants bereiten sich auf den Tag vor: Tische und Stühle werden sauber gemacht und zurecht gerückt, ein LKW-Fahrer liefert volle Getränke­Kisten, ein Mitarbeiter schiebt Müll­tonnen an den Straßen­rand. Einie wenige Menschen sitzen vor den Geschäften im Schatten, trinken Tee, Kaffee oder schon Bier, rauchen: die Meisten laufen vorüber, auf dem Weg zum Einkauf, zur Arbeit, ins Büro, in die Uni …
Wo heute im Rhythmus der Ampel­phasen Autos vorbei rollen, stand vor einhundert Jahren noch die größte Synagoge der Stadt. In der Reichs­Pogromnacht 1938 wurde das jüdische Bethaus in Brand gesetzt und bis auf die Grund­mauern zerstört. Im Zuge des Ausbaus der Coulin­straße in den 1950er Jahren erfolgte die Abtragung des Fundaments und der Bau einer Auto­brücke. Nach Abriss derselben beschloss die Landes­haupt­stadt Wiesbaden im Jahr 2006, eine Gedenk­stätte für die ermordeten Wiesbadener Juden am Ort der ehemaligen Synagoge zu errichten.
Die sieben Meter hohen, durch die Coulin­straße getrennten Wand­elemente markieren den Umriss des Podestes, auf dem die Synagoge einst errichtet war. Diese visualisieren die Leer­stelle, die durch die Zerstörung des Gebäudes und des jüdischen Lebens in der Stadt entstanden ist. Der Grundriss des Bethauses ist in den Boden­platten sowie auf der Fahr­bahn sichtbar markiert. Zentrales Element der Gedenkstätte ist ein auf Augen­höhe angebrachtes, umlaufendes Namen­band, auf dem alle 1.549 bis heute bekannten jüdischen Mitbürger*­innen genannt sind, die zwischen 1938 und 1945 von den National­sozialisten ermordet wurden. Jedes Opfer erhielt einen eigenen Namen­stein mit Vorname, Familien­name, Geburts­name bei verheirateten Frauen, sowie Geburts­jahr, Sterbe­jahr und Sterbeort. Die Gedenk­stätte am Michel­sberg, wie sie umgangs­sprachlich genannt wird, wurde im Januar 2011 eingeweiht; im Jahr 2023 wurden 42 Namen­steine neu hinzugefügt und/oder Angaben korrigiert.
Kunde: Büro planung•freiraum Barbara Willecke, Landes­haupt­stadt Wiesbaden Leistung: Gestaltung und Produktions­Überwachnung des Namen­bandes, Gestaltung und Konzeption Informations­tafel, Gestaltung Informations­broschüre Medium: Gedenkstätte, Informationstafel, Broschüre
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